Rückenschonend und barrierefrei imkern mit dem Hermsdorfer Trog

Wer anfängt sich mit der Imkerei zu beschäftigen, merkt schnell, dass die Wahl der passenden Beute – also des Bienenkastens – eine Wissenschaft für sich ist. Die gängigsten Systeme sind Zander, Dadant und Deutsch Normalmaß. Daneben gibt es aber auch noch Warré, die Bienenkiste und diverse Oberträgerbeuten.

Genau so eine Beute hat Dr. Andreas Schütze für sich weiterentwickelt und für Stadtimker.de beschrieben, warum er das gemacht hat:

Die Oberträgerbeute – artgerecht, extensiv und ergonomisch Imkern mit dem „Hermsdorfer Trog“

Als „Jungimker“ (60 Jahre) war ich auf der Suche nach der für mich „richtigen“ Beute. Dazu hatte ich folgende Vorstellungen entwickelt:

  • artgerechte Bienenhaltung mit Naturwabenbau extensive Bienenhaltung (die Höhe des Honigertrags steht nicht im Mittelpunkt, Überwintern der Bienen auf einem möglichst großen Teil des eigenen Honigs)
  • anfängergeeignete einfache Betriebsweise mit möglichst wenigen Eingriffen in das Volk und geringem Arbeitsaufwand im Jahresablauf
  • ergonomisches Imkern, kein schweres Heben, rückenschonendes Arbeiten in optimaler Höhe
  • ein Wandern in die Tracht sollte möglich sein
  • Krankheitskontrolle und –bekämpfung müssen uneingeschränkt möglich sein

Bei meiner Suche im Internet fand ich die von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim vorgestellte TOP BAR BEUTE – TBB, die meinen Anforderungen schon weitestgehend entsprach.
Nach einigen Änderungen und Ergänzungen waren meine Zielstellungen erreicht. Bei meiner Beute handelt es sich um eine aufgeständerte Oberträgerbeute (Arbeitshöhe je nach Körpergröße zwischen 85 und 100 cm) mit einem Klappdeckel, offenem Gitterboden und einschiebbaren Stockwindeln.

Hermsdorfer Trog
Hermsdorfer Trog

In dem knapp 1m langen Beutenraum mit den um etwa 22,5° geneigten Seiten- wänden ist ausreichend Erweiterungsraum auch für ein größeres Volk vorhanden. Völker können geteilt und vereinigt und Ableger gebildet werden. Durch den offenen Gitterboden kann Rauch gegeben werden und kann man mit einer Endoskopkamera die Entwicklung des Volkes ohne Eingriffe beobachten.

Die 28 beweglichen Oberträger, 30 mm breit, sind mit Sperrholzanfangsstreifen versehen, die mit Bienenwachs eingestrichen werden. Drei Rundstäbe je Oberträger dienen zur vertikalen Stabilisierung der Naturwaben, sollen auch das Wandern mit der Beute und das Schleudern der Waben ermöglichen. Zwischen den Oberträgern befinden sich 5 mm Holzleisten, nach deren Entfernen kann man z.B. das Volk mit Oxalsäure behandeln, ohne die Waben ziehen zu müssen.

Die Imkerzentrale Görlitz bietet auf Wunsch ihre 3-Waben-Radialschleuder mit einem Adapter an, der ein Schleudern der Naturwaben an Oberträgern mit Stabilisierungsstäben möglich macht. Damit ergibt sich die Möglichkeit, die ausgeschleuderten Honigwaben dem Volk als Brutwaben zur Erweiterung bei guter Tracht zur Verfügung zu stellen.

Der „Hermsdorfer Trog“, wie ich meine Beute nach dem Ort ihrer Entstehung (01768 Hermsdorf / Wilisch, OT der Stadt Glashütte) genannt habe, ermöglicht sowohl ein bequemes, rückenschonendes Imkern im Stehen, Arbeitshöhe ca. 1,0 m, als auch ein Imkern im Sitzen für körperbehinderte Imker, bis hin zu Imkern, die auf den Rollstuhl angewiesen sind.

Der Transport der Beute ist mittels zweier in Traghöhe einschiebbarer Rundstäbe für zwei Personen ohne größere Belastung der Wirbelsäule möglich.

Hier erhaltet Ihr weitere Informationen und die Kontaktdaten zu Andreas Schütze.

Ein Zuhause für Wildbienen in der Stadt

Bienenhotel fertig zur Montage (Foto: DoSchu)
Bienenhotel fertig zur Montage

Wildbienen? Nein, keine Angst, es handelt sich dabei nicht um Bienen, die wild um sich stechen. Mit Bienen meinen wir gewöhnlich die Honigbiene, schließlich kennen wir alle ihren geschätzten Honig. Die „Nutzbiene“ ist jedoch nur eine von vielen Bienen.

Für die Bestäubung der Blumen und Bäume leisten Wildbienen den größten Beitrag, und sie leben auch mit uns in der Stadt. Die vielen verschiedenen solitären Bienen bilden keine Völker, sondern die Weibchen versorgen ihre Brut allein. In der „aufgeräumten“ Landschaft unserer Gärten und Parks finden sie jedoch immer weniger Nistgelegenheiten. Da helfen Bienenhotels, die den einzeln lebenden Insekten als Übernachtungsplatz dienen und vor allem für den Nachwuchs viele Niströhren bieten.

Für den Balkon in München habe ich zwei Insektenhotels bei Hortus Insectorum bestellt und einen praktischen sowie bienenfreundlichen Platz ausgesucht. Es wird empfohlen, die Nisthilfen an einem trockenen, warmen und möglichst sonnigen sowie nicht zugigen Standort zu montieren. Sie sollten nicht frei baumeln, sondern am besten an der Wand fest verankert sein. Die in den Niströhren von den Bienen gesammelte Nahrung für die Larven darf nicht feucht werden und verpilzen, daher ist Regenschutz wichtig.

Reges Treiben am Bienenhotel

Mauerbienen am Bienenhotel (Foto: DoSchu)
Mauerbienen am Bienenhotel

Schon kurze Zeit nachdem die Insektenhotels angeschraubt wurden, summt und brummt es in der Südecke des Balkons. Pelzige Mauerbienen mit schwarzem Körper und rostrotem Hinterleib fliegen eifrig ein und aus. Schade, dass ihre Flugzeit ungefähr Mitte Mai enden wird – bis dahin befüllen die Wildbienen möglichst viele Nistlöcher mit ihren Nachkommen. Und die werden dann erst im kommenden Frühling wieder das Bienenhotel verlassen.

 

Gehörnte Mauerbiene (Foto: Markus Gastl)
Gehörnte Mauerbiene an Niströhre

Die Bewohnerinnen der Nisthilfen sind absolut friedfertig – sie verteidigen nicht wie Honigbienen das Nest. Schließlich tragen sie als Alleinversorgerin ein hohes Risiko und gehen der Auseinandersetzung aus dem Weg. Das gilt auch untereinander, wie am Bienenhotel gut zu beobachten ist, sobald zwei Bienen gleichzeitig im Anflug sind und sich versehentlich in die Quere kommen. Sofort wird abgedreht und das Weite gesucht. Nach ca. drei Meter Flug drehen sie um und versuchen es nochmals mit dem Anflug.

So viel Betrieb wie am Insektenhotel des ökologischen Garten von Markus Gastl herrscht natürlich nicht auf dem Balkon: Wie eifrig die friedliche Gehörnte Mauerbiene an ihren Niströhren dort tägig ist, hat er vor wenigen Tagen eindrucksvoll gefilmt.

Je vielfältiger die Blüten desto besser fürs Wildbienen-Buffet

Krokusblüte (Foto: DoSchu)
Krokusblüte - eine Frühlingsbienenweide

Mit einem Insektenhotel und passenden Nahrungspflanzen können wir auch als Einzelperson zum Artenschutz beitragen und unterstützen im Garten oder auf dem Balkon die Erhaltung der Wildbienen. Zu den Frühlingspflanzen, die den Insekten als Nahrung dienen, haben wir bereits Tipps im Beitrag Bienen auf Nahrungssuche in der Stadt – so hilft unser Balkon oder Garten mit gegeben.

Die Bundesarbeitsgruppe Hymenoptera* im Naturschutzbund (NABU) hat mit mehreren Autoren eine Liste von Blütenpflanzen für Hummeln, Wildbienen und Honigbienen zusammengestellt. Darin sind auch Blütenfarbe, Blühzeitpunkt und Hinweise zum Standort angemerkt: Bienenweide (PDF).

Vertiefende Hinweise zu den Wildbienen am Haus und im Garten hat die Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg in einer umfangreichen Website veröffentlicht: Fachdokumente LUBW / Biene.

Wie eine abwechslungsgreiche Nisthilfe für den Garten gebaut werden kann zeigt diese Bauanleitung im Internet mit vielen Fotos zu den einzelnen Schritten: Bau einer Wildbienenwand.

Im April 2011 erscheint das Buch von Dr. Melanie von Orlow (Sprecherin von Hymenoptera) zu Lebensweise der Wildbienen, Hummeln und Wespen, passenden Nisthilfen sowie bienenfreundlichen Gärten: „Mein Insektenhotel. Wildbienen, Hummeln & Co. im Garten„.

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* Hymenoptera ist die wissenschaftliche Bezeichnung der Ordnung der Hautflügler, zu denen die Bienen zählen
Fotos: Doris Schuppe / Markus Gastl

Seminar „Einführung in urbane Bienenwelten“

Ein Drama, zweiter Akt: Das Seminar für Freunde von „Stadtimker.de“ und solche, die es werden wollen.

Bienenflug an Dadant-Beute
Bienenflug

Im Nachgang des Honigabends, gewissermaßen dem ersten Akt im Drama* um die Bienen, haben wir viele positive Rückmeldungen von Euch bekommen – herzlichen Dank hierfür!

Besonders freudig überrascht hat uns, dass es so viele Leute gibt, die sich tiefergehend mit der Biene als Lebewesen und der Wechselwirkung im städtischen Lebensraum beschäftigen möchten. Durch dieses Feedback motiviert, starten wir mit dem Seminar „Einführung in urbane Bienenwelten“ den zweiten Akt des Jahres 2011. Weiterlesen

Die Schattenseite der Imkerei

Dieses Volk hat den Winter leider nicht überlebt. Auffällig ist, dass nur Völker eines bestimmten Standorts betroffen sind, alle anderen haben den Winter ohne Probleme gemeistert.

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Rückblick zum Treffen der IG dunkle Biene Süd

Letzte Woche trafen sich ca. 30 Imker im dunklen Hinterzimmer des Bienenheims in München-Lochhausen zu zwei aufschlussreichen Vorträgen über die „dunkle Biene“.

Vortrag "dunkle Biene"
Vortrag "dunkle Biene"

Da diese Biene, die „apis mellifera mellifera“, seit der letzten Eiszeit, die ursprünglich heimische Rasse war und nach dem zweiten Weltkrieg (nahezu alle Imker fielen an der Front und die Bienen verwahrlosten oder starben) durch die vermeintlich bessere Rasse „carnica“ ersetzt wurde, wollte ich mir diesen Expertenabend natürlich nicht entgehen lassen.

Den Anfang machte der Salzburger Alois Reiter von den „Austrian Mellifera Züchtern“. Inhaltlich ging es im Wesentlichen darum, wie überhaupt erkannt werden kann, dass es sich um ein Volk der dunklen Biene handelt (Messung der Flügelstruktur, Körperringe, Haar- und Zungenlänge) und die exakte Bestimmung mittels DNS-Analyse. Interessant war hierbei, dass es nur noch wenige Refugien für ungekreuzte Völker gibt, in den meisten Bienenstaaten ist Erbgut der verwandten Carnica und Ligustica Rassen zu finden, wie die Untersuchung durch Martina Siller im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der Univ. für Bodenkultur in Wien ergab.

Den zweiten Teil des Abends bestritt Dr. Florian Sutter, praktizierender Augenarzt, Leiter der Belegstelle Säntis (nordwestlich des Säntis) und nach eigenem Bekunden Mellifera-besessen. In der Schweiz gibt es ein (staatlich unterstütztes) Zuchtprogramm für die dunkle Biene. Durch die strikte wissenschaftliche Organisiation und statistische Verfahren, wird darauf abgezielt, nicht nur möglichst reinrassige Völker zu züchten, sondern gleichzeitig auch die Vielfalt des Erbgutes zu sichern. Was auf den ersten Blick verwirrend aussieht, führt jedoch letztlich zu gesunden Populationen mit robusten Genen. Sowohl die Österreicher, als auch die Schweizer, nutzen zur Optimierung die Online-Plattform www.beebreed.eu
Auf Mellifera.ch wird das ausgetüfftelte Verfahren verkürzt so dargestellt: „Alle Herkünfte werden auf Prüfständen anonym auf die verschiedensten Eigenschaften geprüft. Jeweils 12 Schwesterköniginnen werden auf die verschiedenen Prüfstände verteilt um eine optimale Vergleichbarkeit zu erhalten. Gleichzeitig können so Unterschiede durch unterschiedliche Standortverhältnisse und Imker korrigiert werden.“ Unter anderem macht genau diese Korrektur der statistischen Ausreißer und Abhängigkeiten das Zuchtverfahren so überlegen.

Fazit: Die Carnica hat einen Zuchtvorsprung, der aber relativ schnell aufgeholt werden wird. Die Mellifera ist den hier (noch!) herrschenden klimatischen Bedingungen besser angepasst. Wer nicht ausschließlich an maximaler Honigleistung interessiert ist (mit der Gefahr des Totalausfalls in schlechten Jahren), für den ist die dunkle Biene eine vortreffliche Wahl.

Hier noch eine geografische Übersicht der ursprünglichen Verbreitungsgebiete  unterschiedlicher Bienenrassen:

(c) Karl Udo Gerth
(c) Karl Udo Gerth