Ein Drama, zweiter Akt: Das Seminar für Freunde von „Stadtimker.de“ und solche, die es werden wollen.
Im Nachgang des Honigabends, gewissermaßen dem ersten Akt im Drama* um die Bienen, haben wir viele positive Rückmeldungen von Euch bekommen – herzlichen Dank hierfür!
Besonders freudig überrascht hat uns, dass es so viele Leute gibt, die sich tiefergehend mit der Biene als Lebewesen und der Wechselwirkung im städtischen Lebensraum beschäftigen möchten. Durch dieses Feedback motiviert, starten wir mit dem Seminar „Einführung in urbane Bienenwelten“ den zweiten Akt des Jahres 2011. Weiterlesen
Letzte Woche trafen sich ca. 30 Imker im dunklen Hinterzimmer des Bienenheims in München-Lochhausen zu zwei aufschlussreichen Vorträgen über die „dunkle Biene“.
Da diese Biene, die „apis mellifera mellifera“, seit der letzten Eiszeit, die ursprünglich heimische Rasse war und nach dem zweiten Weltkrieg (nahezu alle Imker fielen an der Front und die Bienen verwahrlosten oder starben) durch die vermeintlich bessere Rasse „carnica“ ersetzt wurde, wollte ich mir diesen Expertenabend natürlich nicht entgehen lassen.
Den Anfang machte der Salzburger Alois Reiter von den „Austrian Mellifera Züchtern“. Inhaltlich ging es im Wesentlichen darum, wie überhaupt erkannt werden kann, dass es sich um ein Volk der dunklen Biene handelt (Messung der Flügelstruktur, Körperringe, Haar- und Zungenlänge) und die exakte Bestimmung mittels DNS-Analyse. Interessant war hierbei, dass es nur noch wenige Refugien für ungekreuzte Völker gibt, in den meisten Bienenstaaten ist Erbgut der verwandten Carnica und Ligustica Rassen zu finden, wie die Untersuchung durch Martina Siller im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der Univ. für Bodenkultur in Wien ergab.
Den zweiten Teil des Abends bestritt Dr. Florian Sutter, praktizierender Augenarzt, Leiter der Belegstelle Säntis (nordwestlich des Säntis) und nach eigenem Bekunden Mellifera-besessen. In der Schweiz gibt es ein (staatlich unterstütztes) Zuchtprogramm für die dunkle Biene. Durch die strikte wissenschaftliche Organisiation und statistische Verfahren, wird darauf abgezielt, nicht nur möglichst reinrassige Völker zu züchten, sondern gleichzeitig auch die Vielfalt des Erbgutes zu sichern. Was auf den ersten Blick verwirrend aussieht, führt jedoch letztlich zu gesunden Populationen mit robusten Genen. Sowohl die Österreicher, als auch die Schweizer, nutzen zur Optimierung die Online-Plattform www.beebreed.eu
Auf Mellifera.ch wird das ausgetüfftelte Verfahren verkürzt so dargestellt: „Alle Herkünfte werden auf Prüfständen anonym auf die verschiedensten Eigenschaften geprüft. Jeweils 12 Schwesterköniginnen werden auf die verschiedenen Prüfstände verteilt um eine optimale Vergleichbarkeit zu erhalten. Gleichzeitig können so Unterschiede durch unterschiedliche Standortverhältnisse und Imker korrigiert werden.“ Unter anderem macht genau diese Korrektur der statistischen Ausreißer und Abhängigkeiten das Zuchtverfahren so überlegen.
Fazit: Die Carnica hat einen Zuchtvorsprung, der aber relativ schnell aufgeholt werden wird. Die Mellifera ist den hier (noch!) herrschenden klimatischen Bedingungen besser angepasst. Wer nicht ausschließlich an maximaler Honigleistung interessiert ist (mit der Gefahr des Totalausfalls in schlechten Jahren), für den ist die dunkle Biene eine vortreffliche Wahl.
Hier noch eine geografische Übersicht der ursprünglichen Verbreitungsgebiete unterschiedlicher Bienenrassen:
Wir sind noch ganz überwältigt von dem tollen Abend. Bis zu Beginn wussten wir nicht, ob wir mit 5 Gästen die Honige selbst verkosten und nebenbei den Film ansehen werden oder ob wir uns gegenseitig auf die Füße treten. Letzteres war dann eher der Fall und kurz vor Beginn des Programms mussten wir sogar noch ein paar Bierbänke aufstellen.
Erfreulich war auch die Tatsache, dass etwa ein Drittel der Anwesenden selbst Imker waren und sowohl während der Veranstaltung, als auch in den Gesprächen nach dem Film Sachverstand beisteuern konnten.
Die vier Agendapunkte lauteten:
eine Kurzeinführung zum Stadtimkern allgemein durch Andreas
die Vorstellung von Stadtimker.de als Netzwerk für Hobby-Imker, Flächenbesitzer, Hinterhofgärtner und Interessierte
die Vorstellung der Aktion „Berlin summt“, die auf „München summt“ und andere Städte ausgeweitet werden soll
und natürlich der Film „Vanishing of the Bees“
Auch wenn einige den Film gegen Ende etwas zu langatmig und teilweise auch zu amerikanisch fanden, war das generelle Feedback überaus positiv und bestärkt uns darin weitere Veranstaltungen, Themenabende und Stammtische zu organisieren.
Dass sich auch nicht-Imker für Bienen begeistern konnten, freut uns besonders. Ein Teilnehmer drückte es so aus: „Ganz allgemein scheinen Bienen eine sehr interessante Spezies (mit Frühwarncharakter für Instabilitäten des Ökosystems) zu sein.“ – wenn durch den Honig-Abend diese Sichtweise vermittelt werden konnte, hat er sich für uns absolut gelohnt.
In den nächsten Tagen werden wir an dieser Stelle noch mehr und detaillierter zu den vier o.g. Punkten des Abends schreiben. Reinsurfen lohnt sich also 🙂
Die Veranstaltung richtet sich an alle, die sich für die Themen Ökologisierung der Gesellschaft, Regionalisierung der Produkte und urbanes Leben interessieren.
Unter anderem werden Andreas Bock von der demeterimkerei und Ralf Armbrecht vom UfAZ e.V. anwesend sein und eine kurze Einführung in die Stadtimkerei und deren Wechselwirkung hinsichtlich Umwelt und Lebensraum geben.
Anschließend zeigen wir den eindruckvollen Film „Vanishing of the Bees“, der dem massiven Bienensterben auf den Grund geht.
Vorher, hinterher und mittendrin wird es leckere Honigspezialitäten geben.
Kommt zahlreich und ladet gerne auch Freunden und Bekannten zu diesem Abend ein 🙂
Vielen Dank an das Team rund um den berliner Honig-Abend, es war eine sehr angenehme Veranstaltung mit entspannten Gästen und eine schöne Gelegenheit um neue Kontakte zu knüpfen.
Mit drei Gedanken bin ich wieder zurück nach hause gefahren:
meine bereits zwei Jahre alten Ideen, die über’s eigene Stadtimkern hinausgehen, sollten weiter gedacht werden
ich muss mich mich einem gewissen Ralf treffen – Corinna weiß, wen ich meine 🙂
und München braucht auch einen Honig-Abend
Ja, Ihr habt richtig gelesen. Ich werde so einen Abend in München veranstalten, wer Lust hat, mir bei der Organisation zu helfen, der melde sich bitte einfach per E-Mail bei mir: mail@stadtimker.de – Ort, Zeit und alle weiteren Infos folgen in Kürze.
Zur Einstimmung hier schon mal der Trailer von „Vanishing of the Bees“: