Endlich ist es da, das Sommerwetter in der Münchner Innenstadt. Und damit auch eine Vielfalt der städtischen Bienentracht. In unseren Balkonkästen summt es: Die Bienen der bayerischen Stadt sammeln eifrig an den Blüten von Lavendel, Oregano, Salbei und Thymian. Die Duftnessel lässt die Insekten noch etwas warten und zeigt nur erste Blütenknospen. Weiterlesen
Schlagwort: Balkon
Ein Zuhause für Wildbienen in der Stadt
Wildbienen? Nein, keine Angst, es handelt sich dabei nicht um Bienen, die wild um sich stechen. Mit Bienen meinen wir gewöhnlich die Honigbiene, schließlich kennen wir alle ihren geschätzten Honig. Die „Nutzbiene“ ist jedoch nur eine von vielen Bienen.
Für die Bestäubung der Blumen und Bäume leisten Wildbienen den größten Beitrag, und sie leben auch mit uns in der Stadt. Die vielen verschiedenen solitären Bienen bilden keine Völker, sondern die Weibchen versorgen ihre Brut allein. In der „aufgeräumten“ Landschaft unserer Gärten und Parks finden sie jedoch immer weniger Nistgelegenheiten. Da helfen Bienenhotels, die den einzeln lebenden Insekten als Übernachtungsplatz dienen und vor allem für den Nachwuchs viele Niströhren bieten.
Für den Balkon in München habe ich zwei Insektenhotels bei Hortus Insectorum bestellt und einen praktischen sowie bienenfreundlichen Platz ausgesucht. Es wird empfohlen, die Nisthilfen an einem trockenen, warmen und möglichst sonnigen sowie nicht zugigen Standort zu montieren. Sie sollten nicht frei baumeln, sondern am besten an der Wand fest verankert sein. Die in den Niströhren von den Bienen gesammelte Nahrung für die Larven darf nicht feucht werden und verpilzen, daher ist Regenschutz wichtig.
Reges Treiben am Bienenhotel
Schon kurze Zeit nachdem die Insektenhotels angeschraubt wurden, summt und brummt es in der Südecke des Balkons. Pelzige Mauerbienen mit schwarzem Körper und rostrotem Hinterleib fliegen eifrig ein und aus. Schade, dass ihre Flugzeit ungefähr Mitte Mai enden wird – bis dahin befüllen die Wildbienen möglichst viele Nistlöcher mit ihren Nachkommen. Und die werden dann erst im kommenden Frühling wieder das Bienenhotel verlassen.
Die Bewohnerinnen der Nisthilfen sind absolut friedfertig – sie verteidigen nicht wie Honigbienen das Nest. Schließlich tragen sie als Alleinversorgerin ein hohes Risiko und gehen der Auseinandersetzung aus dem Weg. Das gilt auch untereinander, wie am Bienenhotel gut zu beobachten ist, sobald zwei Bienen gleichzeitig im Anflug sind und sich versehentlich in die Quere kommen. Sofort wird abgedreht und das Weite gesucht. Nach ca. drei Meter Flug drehen sie um und versuchen es nochmals mit dem Anflug.
So viel Betrieb wie am Insektenhotel des ökologischen Garten von Markus Gastl herrscht natürlich nicht auf dem Balkon: Wie eifrig die friedliche Gehörnte Mauerbiene an ihren Niströhren dort tägig ist, hat er vor wenigen Tagen eindrucksvoll gefilmt.
Je vielfältiger die Blüten desto besser fürs Wildbienen-Buffet
Mit einem Insektenhotel und passenden Nahrungspflanzen können wir auch als Einzelperson zum Artenschutz beitragen und unterstützen im Garten oder auf dem Balkon die Erhaltung der Wildbienen. Zu den Frühlingspflanzen, die den Insekten als Nahrung dienen, haben wir bereits Tipps im Beitrag Bienen auf Nahrungssuche in der Stadt – so hilft unser Balkon oder Garten mit gegeben.
Die Bundesarbeitsgruppe Hymenoptera* im Naturschutzbund (NABU) hat mit mehreren Autoren eine Liste von Blütenpflanzen für Hummeln, Wildbienen und Honigbienen zusammengestellt. Darin sind auch Blütenfarbe, Blühzeitpunkt und Hinweise zum Standort angemerkt: Bienenweide (PDF).
Vertiefende Hinweise zu den Wildbienen am Haus und im Garten hat die Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg in einer umfangreichen Website veröffentlicht: Fachdokumente LUBW / Biene.
Wie eine abwechslungsgreiche Nisthilfe für den Garten gebaut werden kann zeigt diese Bauanleitung im Internet mit vielen Fotos zu den einzelnen Schritten: Bau einer Wildbienenwand.
Im April 2011 erscheint das Buch von Dr. Melanie von Orlow (Sprecherin von Hymenoptera) zu Lebensweise der Wildbienen, Hummeln und Wespen, passenden Nisthilfen sowie bienenfreundlichen Gärten: „Mein Insektenhotel. Wildbienen, Hummeln & Co. im Garten„.
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* Hymenoptera ist die wissenschaftliche Bezeichnung der Ordnung der Hautflügler, zu denen die Bienen zählen
Fotos: Doris Schuppe / Markus Gastl
Bienen auf Nahrungssuche in der Stadt – so hilft unser Balkon oder Garten mit
Endlich: Die Natur erwacht wieder aus dem Winterschlaf und sendet erste wärmende Sonnenstrahlen auch nach München. In der Stadt denken wir darüber nach, mit welcher Bepflanzung wir den Frühling auf dem Balkon oder im Garten willkommen heißen. Und dabei sollten wir nicht nur das eigene betrachtende Auge in die Auswahl der Pflanzen einbeziehen, sondern ebenso an Bienen und andere Insekten denken.
Für Hinweise und Tipps bei der Stauden- und Sträucherauswahl haben wir Markus Gastl befragt, der viele Vorträge zu naturnahen Gärten und ihrem Nutzen für Insekten hält. Auf einem großen Areal im fränkischen Beyerberg hat er den Hortus Insectorum angelegt. Dieser ökologische Garten für Schmetterlinge, Wildbienen und andere Insekten bietet ein einzigartiges Mosaik unterschiedlicher Lebensräume. Und setzt ein Zeichen für naturverbundene Gartenkultur.
Stadtimker.de: Herr Gastl, nicht jeder kann den Garten so verändern wie Sie es in Angriff genommen haben. Welche Tipps haben Sie für Garten-, Balkon- und Terrassen-Besitzer, mit welchen Pflanzen und Blumen sie den Bienen in der Stadt im Frühjahr und Sommer Nahrung geben?
Markus Gastl: Für Insekten ist die Kontinuität von ausreichenden Blütenpflanzen über die gesamte Vegetationsperiode wichtig, diesen Zusammenhang nennt man das Trachtfließband. Dem Start der Blütenpracht gerade im Frühling sollten wir aus diesem Grund besondere Aufmerksamkeit widmen und in unserer Gestaltung der Blühflächen Rechnung tragen. Ein reichhaltiges Frühstück am Morgen vor einer langen Wanderung ist auch für den Menschen der ideale Start für einen erfolgreichen Tag 😉 .
Da sich alle Insekten in einer evolutionären Koexistenz mit den Blüten entwickelt haben, ist der Einsatz von einheimischen Pflanzen besonders wichtig. Eingeführte Kulturpflanzen werden oft nur von sehr wenigen oder gar keinen Insekten angeflogen. Wichtigste einheimische Blühpflanze im Frühling ist der Huflattich, hier kann man im März schon eine sehr große Anzahl von unterschiedlichen Schmetterlingen, Bienen und Hummeln beobachten. Schneeglöckchen, Krokusse, Märzenbecher und Winterlinge können das Angebot ergänzen.
Stadtimker.de: Auf was sollten wir bei der Auswahl von Blumenpflanzen achten?
Markus Gastl: Betrachten wir einmal Blumen und werfen einen genaueren Blick etwa auf die große Gruppe der Primeln. Die drei einheimischen Primelarten (Primula veris, Primula elatior und Primula vulgaris) sind nicht nur robust und schön, sondern wahre Insektenmagneten, da sie aus eigenem Interesse der angestrebten erfolgreichen Bestäubung viel Nektar und Pollen produzieren.
Die Kulturformen gerade der letztgenannten Primel sind in einer breiten Farbpalette gezüchtet worden, sie leuchten uns im Frühjahr bunt vor den Baumärkten entgegen. Diese züchterische Auslese geht immer auf Kosten des Nektar und Pollengehaltes, ja bei gefülltblühenden Primeln ist für die Insekten sogar nichts zu holen. All diese Pflanzen werden nicht über Samen sondern über Stecklinge vermehrt.
Die züchterische Bearbeitung hat zu sehr vielen für die Insekten nutzlosen Pflanzen geführt. Das wohl bekannteste Beispiel dürfte die Forsythie sein. Das Gelb dieses Strauches ist die Farbe des Frühlings, die Blüten sind aber absolut nektarlos.
Machen Sie einfach mal den Forsythie-Selbsttest: Stellen Sie sich neben einen solchen Strauch und warten Sie. Wenn Sie eine Biene sehen, handelt es sich um einen Irrläufer, der schnell wieder abdreht und woanders nach Nahrung suchen wird. Und: Haben Sie im Herbst an einer Forsythie schon mal Beeren oder Samen gesehen? Warum wohl nicht?
Stadtimker.de: Das mit den Forsythien ist ja ein Ding! Welche mehrjährige Gehölze empfehlen Sie für eine bienenfreundliche Gestaltung des Gartens oder als Kübelpflanze auf der Terrasse?
Markus Gastl: Der wichtigste einheimische Strauch ist die Salweide (Salix carea), hier gibt es eine gepropfte Form, die auch in einem Kübel schön wirken kann und sehr oft angeboten wird (Salix caprea pendula). Ein spektakulärer Ersatz für die Forsythie in der gleichen Blütenfarbe ist die Kornelkirsche (Cornus mas). Die Beeren können im Spätsommer sogar zu Marmelade verarbeitet werden.
Weiter wichtig sind die Schlehe (Prunus spinosa) und der Weißdorn (Crataegus monogyna). Aber Achtung: Auch hier werden die gefülltblühenden Sorten deutlich häufiger angeboten und können aber trotzdem vom Laien durch das lateinische Präfix „Plenum“ im Namen schnell identifiziert und ausgeschlossen werden.
Kleine Merkregel: Plenum im Namen bringt keinen Samen!
Stadtimker.de: Sie haben auch einen Balkon in München zu einem insektenfreundlichen Steingarten verändert – wie sind die Erfahrungen der Bewohnerin?
Markus Gastl: Eine Trogbepflanzung oder ein Steingarten brauchen bestimmte Voraussetzungen. Die Anlage ist nicht ganz einfach, kann aber leicht erlernt werden. Drei Dinge sind ganz entscheidend:
- Gute Drainage
- Mageres Substrat
- Richtige Pflanzen
Wenn dies berücksichtigt wird, kann man eine relativ pflegeleichte, schöne und vielfältige Bepflanzung erzielen, die den Insekten gut tut. Pflegemaßnahmen sind dann eigentlich nur Zurückschneiden von verblühten Pflanzen im Frühling und Wässern bei längeren Hitzeperioden im Sommer. Gerne berate ich Interessenten für die Anlage des eigenen Balkons oder Gartens und besorge ihnen die richtigen Pflanzen. Viele gute Tipps und Hinweise finden Sie außerdem auf meiner Homepage.
Stadtimker.de: Vielen Dank für Ihre Empfehlungen! Gerne erkundigen wir uns im Sommer bei Ihnen nach bienenfreundlichen Blüten für den Herbst und welche Frühlingszwiebeln wir vor dem Winter einpflanzen sollten.
Den ökologischen Garten Hortus Insectorum sowie den engagierten Lebensraumgestalter Markus Gastl stellte das Bayerische Fernsehen übrigens letzten Herbst in diesem kurzen Beitrag vor:
Und was blüht bei Euch auf dem Balkon im Frühling?
Fotos: Markus Gastl / Hortus Insectorum